Person der Woche

Virus der Woche: Omikron Hurra, die Endemie ist bald da!

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Die Omikron-Welle ist gewaltig, doch verblüffend ungefährlich. Spanien, Großbritannien, Dänemark und die Schweiz wollen das Virus bereits wie eine Grippe behandeln. Nun signalisieren auch die beiden führenden Virologen Deutschlands und der USA, dass wir an einem glücklichen Wendepunkt stehen könnten: Die Pandemie geht wohl zu Ende.

Die Infektionszahlen sind nicht nur hoch, sie sind gewaltig. Die Weltgesundheitsorganisation meldet für die vergangene Woche 18,74 Millionen Neuinfizierte weltweit - das ist doppelt so viel wie zum Jahreswechsel und viermal so viele wie in den Adventswochen. Mit der Omikron-Variante des Coronavirus explodieren die Zahlen regelrecht, und das in vielen Ländern auf einmal. Gleichzeitig aber bleiben die Krankenhauseinweisungen auch in den am schwersten betroffenen Ländern moderat. So moderat, dass ein Land nach dem anderen aus dem politischen Katastrophenmodus aussteigt.

Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez kündigte an, Corona fortan zu behandeln wie die Grippe - als wiederkehrende normale Krankheit. Die britische Regierung folgt der Strategie "Grippalisierung" ebenso wie Dänemark. In der Schweiz verkündet der Gesundheitsminister Alain Berset ebenfalls, dass Omikron insbesondere für Geimpfte nurmehr "wie eine Erkältung oder eine Grippe, die man im Winter haben kann" anzusehen sei.

Virologen mehrerer Länder erklären, dass wir den Übergang von der Pandemie zu einer Endemie erleben. Endemie bedeutet, dass ein Virus auf Dauer angekommen ist, aber nicht mehr in solch massiven Wellen und gehäuft auftritt. Auch die beiden prominentesten Virologen der USA und Deutschlands schlagen sich auf die Seite der Endemie-Optimisten. Anthony Fauci in den USA und Christian Drosten hierzulande waren zwei Jahre lang als besonders vorsichtige Mahner öffentlich aufgetreten. Beide haben darum viel Kritik auf sich gezogen, in der Regel aber lagen sie mit ihren Warnungen richtig.

Nun aber machen auch Drosten und Fauci erstmals richtig Hoffnung. Die Welt werde wie bei den jährlichen Grippewellen lernen müssen, mit dem Coronavirus zu leben. Ausrotten ließe sich der Erreger nicht. "Mit der außergewöhnlichen und beispiellosen Effektivität der Übertragung wird Omikron letztlich fast jeden finden", sagte Fauci. Auch Geimpfte würden infiziert werden, aber die meisten von ihnen würden das problemlos überstehen. Nach Einschätzung Faucis wird es künftig darum gehen, wie bei der Grippe zu einem normalen Leben mit dem Virus zu finden. "Wenn Sie sich die Geschichte der Infektionskrankheiten ansehen, haben wir nur eine Infektionskrankheit ausgerottet, und das sind die Pocken", sagte Fauci bei einer virtuellen Diskussionsrunde des Weltwirtschaftsforums in Davos.

Bevölkerung behält Immunität

Auch Christian Drosten sieht in der milder verlaufenden Omikron-Variante eine "Chance" und macht Hoffnung auf ein Leben wie vor der Pandemie. Während Alpha und Delta noch "Fitness-Sprünge" des Virus gewesen seien, wodurch sie sich besser an den Menschen angepasst hätten, sei Omikron eine Immunflucht-Variante. "Das ist eine Reaktion auf die sich entwickelnde Bevölkerungsimmunität", so Drosten. Wie Fauci sagt auch Drosten, alle Menschen müssten sich früher oder später mit Sars-CoV-2 infizieren. "Ja, wir müssen in dieses Fahrwasser rein, es gibt keine Alternative." Die Bevölkerungsimmunität bei Erwachsenen entwickle sich in eine klare Richtung: "Die Bevölkerung baut Immunität auf und behält die auch." Deutschland sei jetzt "in dem Prozess", bald die Pandemie für beendet erklären und die endemische Phase ausrufen zu können.

Auch andere Virologen wie der Bonner Forscher Hendrik Streeck oder Klaus Stöhr sehen die Endemie kommen und sind optimistisch. Die Chef-Wissenschaftlerin der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Soumya Swaminathan, begrüßt es, wenn Regierungen bereits jetzt den Übergang der Corona-Pandemie in eine endemische Phase vorbereiten. "Wir erwarten, dass eine immense Zahl an Menschen auf der Welt mit Omikron infiziert sein wird, und es wird eine Kreuzimmunisierung zu anderen Varianten geben." Das sei ermutigend. 2022 werde es viele Millionen Menschen auf der Welt mit einem besseren Immunisierungsschutz geben – "wegen der Impfungen und leider wegen der Infektionen".

Für die Politik hat diese fundamentale Neueinschätzung der Pandemie zwei unmittelbare Folgen. Zum einen wird die diskutierte Impfpflicht nun Tag für Tag weniger wahrscheinlich, weil sich eine natürliche Massenimmunisierung vollzieht und zugleich die kollektive Gesundheitsbedrohung rapide schwindet. Drosten findet ohnedies: "Wir können nicht auf Dauer alle paar Monate über eine Booster-Impfung den Immunschutz der ganzen Bevölkerung erhalten."

Risiko wird kalkulierbar

Zum anderen werden die Regierungen die Politik des permanenten Ausnahmezustands beenden können. Das Risiko der Krankheit wird nun kalkulierbar und legitimiert eine weitreichende Verbotspolitik nicht mehr. Schon bei der Ministerpräsidentenkonferenz am 24. Januar stehen trotz der hohen Infektionszahlen eher Lockerungen als Verschärfungen der Maßnahmen zur Debatte.

Sogar der bislang besonders strenge bayerische Ministerpräsident Markus Söder will in der Corona-Politik künftig einen "breiteren Ansatz" verfolgen. "Team Vorsicht' allein reicht nicht mehr", sagt Söder. Er sei der Meinung, dass bundesweit mit der Fußball-Bundesliga darüber gesprochen werden solle, wieder Zuschauer in die Stadien zu lassen. In Bayern solle mittelfristig wieder jeder zweite Platz bei Kulturveranstaltungen besetzt werden dürfen. Auf die Frage, ob "wir jemals wieder so leben werden wie vor der Pandemie", sagt Christian Drosten ermutigend: "Ja, absolut. Da bin ich mir komplett sicher." Möglicherweise schon bald.

Quelle: ntv.de

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