„Hilfe, unsere Häuser reißen“: Polnischer Tagebau bedroht deutsche Stadt
Zittau (Sachsen) – Aus der Vogelperspektive sieht man am besten, wie nahe die Kleinstadt Zittau (24 738 Einwohner) am Riesenloch liegt. Keine drei Kilometer hinter der Grenze wächst der polnische Tagebau Turow immer weiter!
Und das, obwohl dem polnischen Staatskonzern PGE, nach einer Klage Tschechiens, seit November vom Europäischen Gerichtshof der Abbau vorübergehend untersagt wurde. Grund: Tschechien sieht erhebliche Fehler in der polnischen Umweltverträglichkeits-Prüfung – wie auch Zittaus OB Thomas Zenker (46).
Doch PGE baggert weiter, ignoriert das Urteil. Obwohl jeden weiteren Abbau-Tag eine Strafe von 500 000 Euro fällig wäre ...Denn es geht um Kohle! Um an immer tiefer liegende Schichten zu kommen, wurde „der Grundwasserspiegel bereits um rund 100 Meter abgesenkt“, erklärt Geologe Dr. Ralf Krupp (68).
„Wenn man Wasser abpumpt, sackt auch der Boden nach, da Wasser einen gewissen Auftrieb gibt. An der Landesgrenze zu Deutschland haben wir schon rund 1 Meter Bodenabsenkung festgestellt.“
In seinem zweiten Gutachten zu Auswirkungen des Tagebaus Turow sieht er „eindeutige Hinweise“, dass Bauschäden auch auf die Grundwasser- und damit Bodenabsenkung zurückzuführen sein könnten.
Dabei soll Turow bis 2044 noch weiter wachsen, der Grundwasserspiegel bis auf 120 Meter abgesenkt werden.
OB Zenker fordert vom Freistaat mehr Unterstützung: „Er soll sich alle Daten aus Polen dazu besorgen und sie selbst noch mal auswerten. Es wäre auch deutlich einfacher, wenn PGE nachweisen müsste, dass sie Zittau nicht schaden, als wenn jeder einzelne Hausbesitzer Schadenersatzansprüche gegen einen Staatsbetrieb im Ausland geltend machen müsste.“
Hilfe, unsere Häuser reißen!
Schon 14 cm Absenkung in 20 Jahren
„Diese Karte hat unter den Zittauern für mächtig Unruhe gesorgt“, erklärt OB Thomas Zenker (46, parteilos).
Markant: Die roten Punkte mit den stärksten Bodensenkungen folgen dem Flusslauf der Mandau. Laut Sächsischem Oberbergamt senkte sich in 20 Jahren der Boden bis zu 14 cm in der Stadt.
Zenker: „Nicht jeder Riss kann auf den Tagebau zurückgeführt werden, es gibt auch tektonische Bewegungen unter Zittau. Aber wir werden die Schäden jetzt systematisch erfassen.“